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Vom Kissen vor die Tür – Mit dem Kissen vor die Tür oder: Von vor der Tür auf das Kissen?

Lehrer:innen-Fortbildung 2024

Impressionen der Fortbildung für Lehrende im Haus Maria Lindenberg vom 06.-08.09.2024

Am Anfang war das Kissen…

In diesem Jahr hat das Fortbildungsteam die in der Gruppe der Lehrenden vielfach gelebte und diskutierte Frage erneut aufgegriffen: Welche Verbindung besteht zwischen dem Sitzen auf dem Kissen und der je eigenen Verantwortung in der Welt? Die als „Mystikerin der Straße“ bekannte Sozialarbeiterin Madeleine Delbrêl (1904-1964) sollte näher beleuchtet werden, um weiterführende Impulse für Austausch und Alltag zu bekommen.

Mit Mathilde Roentgen und Uli Kirchhoff aus Freiburg fanden sich zwei authentische Persönlichkeiten vor Ort. Sie hatten nach 20 Jahren Wohnraum- und Alltag-Teilen mit obdachlosen Männern vor einigen Monaten das „Stadtkloster im Hochhaus“ eröffnet. Mit Madeleine Delbrêl verbindet sie vieles, wie in den ersten beiden Impulsen zum Ausdruck kam. Eindrücklich die Ausdrucksweise, mit der Delbrêl sich Gott annähert, ihm:ihr Namen und Raum schenkt inmitten „eines banalen Lebens“ oder etwa bei einem nächtlichen Besuch im Café „Le Clair de Lune“. Im Erzählen ihrer eigenen Geschichte sprachen die beiden Referierenden immer wieder davon, wie sie selbst „von Gott bzw. Jesus geführt“ werden. „Alle unsere Veränderungen kamen aus der Stille“, so fasste Mathilde Roentgen ihre Erfahrungen zusammen. Der Gedanke beeindruckte und klang in manchen Gesprächen am Rande der Tage weiter, sei es als Inspiration für die eigene Lebensorientierung oder als kritisches Hinterfragen individueller oder kollektiver Gottesvorstellungen.

vLnR: Referent:in Mathilde Roentgen und Uli Kirchhoff, Dorothea Welle

Mit dem Kissen vor die Tür?

Im weiteren Verlauf hatten die Teilnehmenden Gelegenheit, sich in Workshops, neben der Vertiefung der Erfahrungen aus Freiburg, vom Engagement dreier Kolleg*innen und ihrer Verbindung zum Sitzen in der Stille berühren zu lassen. Valeria Hengartner stellte den „Sonnenhügel“ vor. Für mehrere Tage im Monat ist sie Teil der Gemeinschaft, in der Menschen vorübergehend Heimat finden, um nach Krankheit, Trennung oder sonstiger Krise wieder Fuß zu fassen. Isabelle Herrmann verbindet ihre Arbeit als Sozialarbeiterin in der Familienhilfe und -beratung mit dem Sitzen. Winfried Semmler-Koddenbrock zog es nach einer Anfrage von aussen „mit dem Kissen vor die Tür“. Er engagiert sich in der vor einem Jahr neu gegründeten interreligiösen „Bonner Initiative für Respekt und Zusammenhalt“ auch politisch. Mit ihm zusammen berichtete Schulamith Weil, eine jüdische Vertreterin der Initiative, von ihren eindrücklichen Erfahrungen und der mehrmalig drohenden Gefahr des Scheiterns einer von der Initiative geplanten öffentlichen Aktion.

Am Abend hatten Mathilde Roentgen und Uli Kirchhoff in ihren Stadtteil nach Freiburg-Weingarten eingeladen. Etwa die Hälfte der Teilnehmenden machte sich auf, um das soziale Umfeld des „Stadtklosters im Hochhaus“ – mit allen Sinnen – wahrzunehmen und die Gastfreundschaft im bunt möblierten Wohnzimmer anzunehmen. Die anderen ließen das Gehörte und dadurch Angeregte im Gespräch in lauer Nacht auf dem Lindenberg Revue passieren.

angeregte Gespräche in der Stube des Stadklosters

Von vor der Tür auf das Kissen?

Die gottesdienstliche Feier am Sonntag war von Hella Sodies und Bernhard Lenfers geleitet. Unter dem biblischen Leitwort „Effata, öffne dich“ spannten sie einen Bogen zwischen Gedanken von Madeleine Delbrêl, dem sinnenhaften Ritual des Brot- und Wasserteilens und den Zen-buddhistischen Klängen von Anita Wysser auf der Flöte. In einer in Stille gebildeten Skulptur konnte jede und jeder ihrem/seinem je eigenen Erleben des Wochenendes Ausdruck geben und sich zugleich als Teil der größeren Gemeinschaft wahrnehmen.

Das Wochenende lebte von der Vielfalt eingebrachten Engagements in Vorbereitung, Administration und Gestaltung. Die via integralis wurde erfahrbar als ein lebendiger Organismus aus Frauen und Männern, die sich im Alltag – in der Deutsch-Schweiz, im frankophonen Sprachraum, in Deutschland und Lettland – immer wieder neu verorten „zwischen Kissen und Tür“.

Dorothea Welle,via integralis Kontemplationslehrin, Leiterin Friedensarbeit und Exerzitien im Haus Maria Lindenberg/ St. Peter, Schwarzwald

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