Buchtipp von Hella Sodies
Der Norweger Erling Kagge ist Autor, Jurist, Verleger und Kunstsammler, vor allem aber ist er ein Abenteurer. Und Vater von drei Töchtern. Er ist der erste Mensch, der Südpol, Nordpol und den Mount Everest erreichte. Und das innerhalb von vier Jahren. Auch den Untergrund New Yorks, die Kanalisation und Tunnel, hat er bereist. Was er entdeckt hat auf seinen Expeditionen? Die Stille. In 33 Fragmenten hat er – angeregt u.a. durch kritische Einwendungen seiner Töchter – versucht, ihr Wesen zu erfassen. Dabei geht er konsequent von seinen eigenen Lebenserfahrungen aus, die vielfach einfach Alltagserfahrungen sind. „Was ist Stille? Wo ist sie? Warum ist sie heute wichtiger denn je?“ Entstanden ist ein inspirierendes, philosophisch-gewitztes Büchlein, mit dem man oder frau andere Menschen oder sich selbst beschenken und auf dem Weg in die Stille begleiten kann. Kein Ratgeber zur Achtsamkeit, kein Meditationsbuch – und doch als schlankes Gesamtwerk eine einzige Meditation über die Stille. Ein Buch für Sehnsüchtige, die keine Antworten erwarten, sondern sich ermutigen lassen möchten, selbst auf Entdeckungsreise zu gehen. Layout und Design sind im besten Sinne puristisch und laden zusammen mit den zwischen den Buchdeckeln geteilten Erfahrungen und eingestreuten Zitaten von bekannten und weniger bekannten Persönlichkeiten ein, eigene Orte der Stille zu finden – jenseits von Meditationseinheiten auf dem Kissen oder Reflexionen über Buddhismus oder Mystik. Es wird schnell klar: es ist weder nötig, Berge zu besteigen, noch die Tunnelsysteme von New York zu durchqueren. Für Kagge ist „die interessanteste Stille diejenige, die in mir ist. Eine Stille, die ich in gewisser Weise selbst schaffe. Daher suche ich nicht mehr nach der absoluten Stille um mich herum. Die Stille, auf die ich aus bin, ist die Stille in mir.“
Erling Kagge. Stille. Ein Wegweiser. Insel Verlag Berlin. 4. Auflage 2018. Aus dem Norwegischen von Ulrich Sonnenberg.