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Körper.Seele.Geist – nicht eins, nicht drei

…diese Erfahrung ist meine Antwort auf die Frage, was der Schnittpunkt meines Seins als Körpertherapeutin und Kontemplationslehrerin ist.

Das Spüren meiner Verhärtungen und Muster, Loslassen, All-einsein, Leere.Weite und „Es bewegt“– all das waren Ahnungen, die mir zum ersten Mal im säkularen Raum von osteopathischen Behandlungen mit Canio-Sacral-Therapie (sacrum=Kreuzbein) während einer Weiterbildung begegneten. Ich war damals völlig überfordert damit. Ich spürte, dass die Erklärungen von Körpererfahrung und Psychologie im Kurs etwas offen ließen, für das ich keine Sprache hatte und das mich aus Sehnsucht und Verzweiflung auf die Suche schickte.
Nach mehr als sechs Jahren begegnete ich dann der Kontemplation und dem Zen in meinem Kontemplationslehrer und wusste, ich war endlich angekommen im Losgehen. Tief berührt von Zen und Mystik fand ich wieder einen Zugang zur Spiritualität und in der Begleitung durch meinen Lehrer zum ersten Mal einen Raum, in dem sich auch meine Erfahrungen von Körper und Psyche nach und nach integrieren können.  

Kontemplation und Körpertherapie

Natürlich ist die Methodik dieser beiden Wege komplett unterschiedlich: Hier das „Anstarren weißer Wände“ und dort körperliche Berührung mit „Druck und Zug“ im tiefen Bindegewebe.
Doch ihre Kraft liegt nicht in der Technik allein, sondern in der Art und Weise, wie sie gelebt wird.
* beide Wege entwickeln ihre Kraft erst durch die innere Ausrichtung,
* beide schauen durch alle Verhärtung auf das, was leben will,
* bei beiden ist die Eigenerfahrung maßgeblich für die Möglichkeit, andere auf ihrem Weg zu unterstützen.

Im Blick auf die Behandlung

Für meine Arbeit als Körpertherapeutin, und dabei besonders für die Begleitung Sterbender, sind mir das tägliche Sitzen, Kontemplationskurse und Sesshins Basis und wichtigste Fortbildung. In der Behandlung verschmelzen meine Hände mit dem Patienten in einem klaren Kontakt von Ich und Du. Ich gebe einen minimalen Impuls ins Gewebe und „lehne“ mich gleichzeitig in mir zurück, was den Raum eröffnet. Es bewegt – nicht der Patient, nicht ich – und ich folge dem, was sich nun unter meinen Händen zeigt. Soweit auch der offizielle Ansatz der Cranio-Sacral-Therapie.

Menschen, die selbst meditieren, können wahrscheinlich erahnen, wie hilfreich dabei die Erfahrungen der Stille und des Sitzens in Präsenz sind, egal mit welchen manuellen Techniken ich arbeite, egal ob non-verbal oder begleitet von therapeutischem Gespräch. JETZT! Ganz Sein – so entsteht ein Heilungsraum, der über anatomische Strukturen und emotionale Schutzspannungen hinausgeht.

Im Blick auf die Kontemplation

Wenn ich aus meiner Erfahrung als Körpertherapeutin auf Kontemplation blicke, erfühle ich beim Lesen alter Zentexte und Erzählungen über klösterliches Leben einen größeren Anteil an begleitender Körpererfahrung als im Vergleich zu unserer heutigen Kontemplation und unserer modernen Lebensweise. Und ich vermute, dass diese Erfahrungen für den Prozess des Erwachens und auch den Umgang mit energetischen Meditationskräften hilfreich waren.
Sich deren Wirkung bewusst zu werden, könnte unsere heutige Praxis unterstützen und Akzente setzen.  Z.B. in der Anleitung des Sitzens über den optisch korrekten Sitz hinaus, im Sich-Erden und der Erfahrung des Gewahrseins durch die Raumerfahrung des eigenen Körpers. Begriffe wie: mich öffnen, loslassen, Gegenwart Gottes, Erleuchtung verkörpern, bekommen so eine erweiterte Qualität. Nonduales Bewusstsein, Erleuchtung und Gotteserfahrung sind absolute Grenzerweiterung. Wir können diese nicht machen, wir können uns nur bereiten, und die Rückkopplung in den eigenen Körper kann dabei helfen. Möglich ist dies in Impulsen, Vorträgen, in der persönlichen Begleitung oder praktisch in einfachen Körperübungen, z.B. vor der Meditation. Ich meine damit nicht, „un-Zen-ig“ zu werden oder das einfache Übernehmen der Methodik eher körperzentrierter Erfahrungswege, sondern achtsam den ganzheitlichen Ansatz der Kontemplation in unserer heutigen Situation umzusetzen, um auch auf die Zukunft hin der Essenz treu bleiben zu können.

Im Blick auf unsere Gesellschaft

Wenn ich Menschen über die Jahre auf der Straße beobachte, scheint die Tendenz wegzugehen von Körperempfinden, von Freiheit und Klarheit im Bewegen und gelebtem Sinn. Smartphones und digitale Technologien reduzieren das Erleben auf zweidimensionale Oberflächen und entfremden von der Bewegung und der Tiefe der Wahrnehmung
Hinzu kommt: Angst macht eng. Größe macht Angst. Globalisierung und die Probleme der Welt auch.
Wie sollen wir global leben, wenn wir nicht erst einmal in uns spüren können, wie alles mit allem zusammenhängt?

Résumé

Egal ob Körpertherapie oder Kontemplation – der Schnittpunkt und Schlüssel liegt für mich in der Erfahrung, dass Körper.Seele.Geist untrennbar ist. Egal, welchen Weg man geht, er braucht neben der Spezialisierung die Weite, alle drei Anteile zu beheimaten, um dem Fluss des Lebens Antwort zu sein.

Stephanie Hahn, Kontemplationslehrerin via integralis, Physiotherapeutin, Heilpraktikerin

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