Richard Rohr, Cynthia Bourgeault und James Finley
in die Kontemplationsschule von Richard Rohr
Ein Bericht von Hans Meier und Helena Shang-Meier, Brunnen/CH
Im Frühjahr d.J. besuchte uns ein alter Freund und früherer Arbeitskollege von Hans: Marc-Andre von Allmen. Wir kennen Marc schon lange als einen unermüdlich spirituell suchenden Menschen, der schon bei verschiedenen spirituellen Lehrern praktiziert hat und mehrfach in sozialen Projekten in anderen Ländern engagiert war. Er erzählte uns ausführlich von seiner 2-jährigen Ausbildung in Kontemplation und christlicher Mystik, die er 2015-2017 am „Center for Action an Contemplation (CAC)“ als einziger Schweizer in Albuquerque/New Mexico absolvierte. Das CAC ist eng mit dem Namen seines Gründers, Richard Rohr, verbunden.
Marc´s Bericht war für uns sehr inspirierend. Die Gemeinsamkeiten aber auch Unterschiede zur Ausbildung der via integralis sind erstaunlich. Vor allem aber spüren wir das gemeinsame Anliegen, Aktion und Kontemplation zu verbinden und erkennen die viele kreativen Ideen und Ansätze, die im CAC umgesetzt werden. Voneinander lernen? Wir geben hier gerne die wesentlichen Informationen an die LeserInnen des Newsletters weiter.
Die Kontemplationsschule und seine drei Gründer:
Das Ausbildungsprogramm des CAC wurde im Jahr 2013 von drei bekannten amerikanischen KontemplationslehrerInnen gegründet. Die drei Lehrer sind: Richard Rohr, Cynthia Bourgeault und James Finley (siehe Bild oben).
Richard Rohr, ist Gründer des ‘Center for Action and Contemplation’ und zugleich Vorsitzender der Living School. Als Franziskaner Pater setzt er sich seit langem für die Erneuerung und Belebung des Christentums ein. Eines seiner zentralen Themen ist die Unterscheidung zwischen dem „true self“ und dem „false self“. Das falsche Selbst ist die getrennte Identität, relativ und nicht absolut, die wir in der ersten Lebenshälfte aufgebaut haben, der Teil der stirbt, wenn wir sterben. Im Gegensatz dazu ist unser wahres Selbst; Rohr nennt es in seinem gleichnamigen Buch den „Unsterblichen Diamant“. Er sagt: „Ich verspreche Dir, die Entdeckung des wahren Selbst wird sich so anfühlen, wie wenn ein Gewicht von 1000 Pfund von Deinem Rücken abfallen würde. Nicht mehr wirst Du irgendein idealisiertes Selbstbild aufbauen, sich dafür einsetzen oder verteidigen müssen. Leben im wahren Selbst ist ganz einfach eine viel glücklichere Existenz, auch wenn wir nie volle 24 Stunden dort verbringen können. Aber von nun an hast Du einen Ort, wo Du zurückkehren kannst. Endlich hast Du die Alternative zu Deinem falschen Selbst entdeckt“. Auch sagt er: „Eine Religion ist nutzlos, wenn es um weniger gehen soll, als um das Sterben vom falschen Selbst.“ Letztlich geht es um die echte Verbindung (Einswerdung) mit Gott. Richard Rohr ist Autor verschiedener Bücher, u.a. „Befreiung vom Ego“, „Pure Präsenz: Sehen lernen wie die Mystiker“, „Das wahre Selbst: werden wer wir wirklich sind“, und sein neustes Buch „The Divine Dance: the Trinity and your Transformation“.
Cynthia Bourgeault, ist Pfarrerin der Episkopalkirche. Sie vermittelt christliche Kontemplation und Weisheitslehren und begleitet Menschen auf dem Weg des ‘Centering Prayer’s’ als meditative Praxis. Sie ist Autorin von Büchern, u.a. „The Wisdom Jesus: Transforming Heart and Mind – a new Perspektive on Christ and his Message“, „Heart of Centering Prayer: Nondual Christianity in Theory and Practice“ und „Love is stronger than Death“. Centering Prayer entstand als zeitgenössische Form der Kontemplation bei den Mönchen des Trappistenklosters St. Joseph in Spencer/Massachusetts in den 70iger Jahren. Beim Centering Prayer geht es unablässig darum, die Gedanken loszulassen, damit die Präsenz und Einwirkung Gottes erfahren werden kann, ganz im Sinne von „Dein Wille geschehe“. Beim Centering Prayer kann ein heiliges Wort verwendet werden, zu dem man immer zurückkehren kann, wann man sich dabei ertappt, wieder in Gedanken verfangen zu sein. Zehn Tausend Gedanken beim Centering Prayer zu haben werden gesehen als 10’000 Gelegenheiten, um zu Gott zurück zu kehren.
James Finley, wurde mit 18 Jahren Schüler von Thomas Merton. Nach 6 Jahren kontemplativen Lebens verließ er das Kloster, bildete sich weiter und wurde später Trauma-Psychotherapeut und spiritueller Lehrer. Er versucht in seinen Beiträgen die Mystik als Lebensweg zu vermitteln. Trauma und Spiritualität ist ein Hauptthema von ihm. Seine eigene Sehnsucht nach Heilung von Trauma und Leiden brachte ihn immer näher zu einer tiefen Sehnsucht nach der unendlichen Vereinigung mit der unendlichen Liebe. Er zieht eine Parallele zwischen Verletzungen der Menschen und den Wunden Jesu. Wachstum und Transformation werden erst durch Schmerz ermöglicht. Er ist Autor von Büchern wie „Merton’s Palace of Nowhere“, „Christian Meditation: Experiencing the Presence of God“ und „The contemplative Heart“.
Das Ausbildungsprogramm
In der Ausbildung des CAC wird christliche Mystik aus allen Epochen vermittelt durch monatliche Online-Beiträge von den drei LehrerInnen mit Videos, eigenen Texten und Auszügen aus Schriften der Mystiker sowie Referenzen zu anderen Büchern.
Lieblingsmystiker der LehrerInnen von der Living School for Action and Contemplation sind Franziskus von Assisi, Teilhard de Chardin und Thomas Merton.
Während der Ausbildung finden 4 Begegnungen/Aufenthalte (2 Treffen pro Jahr) im Center von Albuquerque/New Mexico statt mit allen Schülern eines Lehrganges, die aus verschiedenen Ländern kommen. Speziell beeindruckend empfand Marc-André auch das Treffen, das einmal im Jahr alle drei konsekutiven Jahrgänge zusammenführt. Dann kommen fast 600 Teilnehmern aus fast aller Welt zusammen, um miteinander auszutauschen. Religion versteht man hier nicht als die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft, sondern als Bemühen, wo es um die Transformation vom Selbst geht, um die Union mit dem Göttlichen zu ermöglichen. Nebst Vertiefung in die Meditation, Centering Prayer und Lectio divina wird allen Teilnehmern empfohlen, sich mit einer kontemplativen Gemeinschaft zu verbinden, einen oder mehrere Mystiker weiter zu studieren und sich darin zu vertiefen.
Projektarbeit
Zur Ausbildung des CAC gehört es auch, sich für ein Projekt zu engagieren, sei es im sozialen Bereich, in der Kunst oder u.a. in der Leitung von Meditationskursen. Dabei sollte es nicht um Aktivismus gehen, sondern darum, sich vom göttlichen Fluss inspirieren zu lassen, sich durch den göttlichen Geist und die Inspiration der Living School führen zu lassen. Die Schüler werden motiviert, aus ihrer Komfortzone herauszutreten und zu wagen, ein kleines Projekt zu entwickeln. Etwas zu wagen, was ungewöhnlich ist. Es sollte Freude bringen, das Loslassen und das tiefe Vertrauen in die göttliche Erfahrung ermöglichen.
Marc-André hat sich für ein Projekt in einer Schule in einem abgeschiedenen und ärmeren Ort Indonesiens entschieden. Zusammen mit einer Kollegin der gleichen Ausbildung, die seit 20 Jahre in Indonesien wohnt, hat er die Franziskaner von Indonesien kontaktiert und mit ihnen schon letztes Jahr das Projekt organisiert. Es geht um den Bau eines größeren Spielplatzes und der Implementierung einer speziellen Bibliothek für diese große Schule mit mehreren tausend Schülern.
Durch Fundraising konnte der budgetierte Betrag für das Projekt sichergestellt werden. Vor wenigen Wochen war Marc-André bei seiner Kollegin wieder in Indonesien und konnten mit den Franziskanern und der lokalen Gemeinde die ersten Schritte des Projektes konkretisieren.
Wer sich weiter informieren möchte, sei auf die Website des Centers hingewiesen:
https://cac.org/living-school/living-school-welcome/
Helena Shang Meier, Brunnen/CH , 27. April 2018