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Abschied von Beatrix Jessberger

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Beatrix Jessberger
* 22.03.1952, † 06.05.2019

Am Montag 6. Mai 2019 ist Beatrix Jessberger im Kreise ihrer Lieben von uns gegangen. Beatrix war Mitglied der ersten Ausbildungsgruppe der Via Integralis, die von Pia Gyger und Niklaus Brantschen geleitet wurde und gehörte damit zu den ersten Absolventinnen unserer Kontemplationsschule. Als Pfarrerin in Rehetobel, Kanton Appenzell hat sie jahrelang eine Kontemplationsgruppe begleitet. Vor zwei Jahren wurde sie pensioniert, arbeitete aber noch 50 % in einer anderen Gemeinde mit. Ihr Leben und ihr Alltag waren geprägt von einer tiefen Spiritualität, die mystische, kosmische, politische und interreligiöse Aspekte einschloss. Zu VertreterInnen anderer Religionen, insbesondere zum Judentum und zum Buddhismus, pflegte sie lebendigen Austausch und fruchtbare Beziehungen. Ihr ganzes Leben lang hat sie sich als Deutsche mit dem Thema Holocaust auseinandergesetzt und am Dienst an der Versöhnung mitgearbeitet. Sie war kulturell äusserst interessiert und es war anregend und spannend, mit ihr zusammen Veranstaltungen zu besuchen oder Reisen zu machen. 2007 gab sie selbst ein Buch heraus: „Ebenbild Gottes, wie werde ich, was ich bin? Die Schöpfungsgeschichte als spiritueller Reifungsprozess“, in dem sie eine neue spannende Interpretation von Gen 1 mit den sieben Schöpfungstagen entfaltete.

Vor etwa 1 Jahr erkrankte sie plötzlich an Krebs. Eine sofort durchgeführte Operation schien zunächst sehr erfolgreich zu sein. Doch sechs Monate später zeigten sich erneut Beschwerden. Sie begannen just im Januar dieses Jahres bei einer Veranstaltung des Katharina-Werkes, dessen Mitglied sie war. An diesem Wochenende war sie Referentin zum Thema „Kirche in unserer Zeit“. Zum Abschluss des Treffens stand sie zum letzten Mal einem Gottesdienst vor. Es war wie ein Vermächtnis, was sie den Teilnehmenden mitgab. In den drauffolgenden Tagen wurde dann in der St. Galler Klinik die Diagnose bestätigt: Der Krebs war zurückgekehrt! Was dann geschah, war für alle, die mit Beatrix in Kontakt kamen, tief berührend. Beatrix bereitete sich ganz wach und mutig auf ihren Tod vor. Sie ordnete ihre Angelegenheiten, sie pflegte ganz bewusst Beziehungen, die ihr wichtig waren und sie sprach völlig offen über den Sterbeprozess. Sie konnte zu Hause sein und da auch sterben, weil einige ihrer Freundinnen bei ihr blieben und sie begleiteten. Für mich war es ein grosses Geschenk, in der letzten Woche ihres Lebens noch ein paar Tage bei ihr zu sein und ganz bewusst Abschied zu nehmen.

Wir verlieren mit Beatrix eine engagierte, liebevolle Freundin und Kollegin. Sie wird uns fehlen.

Die Abdankungsfeier fand – im Beisein von mehreren Via Integralis-LehrerInnen am Donnerstag, den 16.05.2019 in der reformierten Kirche Rehetobel statt. Sie war ein Ausdruck des reichen Lebens von Beatrix: Ein Rabbiner, eine Buddhistin, eine Philosophin und eine Christin sprachen einen Beitrag und mindestens 50 SängerInnen gestalteten musikalisch die wunderschöne Feier mit. Hildegard Schmittfull rezitierte zu Beginn der Feier den buddhistischen Totenruf. Silja Graupe, eine enge Freundin, skizzierte die Lebensthemen von Beatrix entlang den sieben Schöpfungstagen aus Gen 1.

Aus Wunsch von Beatrix wurde u. a. folgendes Lied von Ivo Ledergerber gesungen:

Von den Dohlen sagt man
sie hätten gesehn
wie es war bevor wir kamen
und sie sähen
was wir nicht kennten
sie wüssten wohin
Wege führen
die wir noch lange nicht kennten
an Orte die wir nicht nennten

Ihre Flügel sagt man
trügen sie in Höhen
wo unsereinem nur schwindelt
ihr Mut aber
der sei grenzenlos gross
sie lassen von Stürmen
sich treiben
wie Nebelfetzen ein verirrtes Blatt
lassen sich wirbeln werden nicht matt

Von den Dohlen sagt man
sie seien so frei
wie wir es uns träumen
und selten gestehn
während sie getragen
vom wilden Wind
die Freiheit
erleben die wir nicht mehr wagen
obwohl der Geist auch uns würde tragen

Hildegard Schmittfull, Juni 2019

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