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Transpersonale Phänomene auf dem Weg der Kontemplation

Erfahrungsbericht zu einer via integralis-Fortbildung

„Transpersonale Phänomene“ – für mich zu Beginn ein sperriges Wortpaar, mit dem ich kaum Vorstellungen verband. Und dies, obwohl das Thema bereits während unserer Ausbildung zu Lehrenden der via integralis Bestandteil des Curriculums war. Mein diesbezügliches ‚Nichtwissen‘ hing wohl damit zusammen, dass ich in meinem bisherigen Leben im Austausch mit Menschen im privaten und beruflichen Umfeld kaum Kenntnisse darüber erworben, geschweige denn solche Phänomene selber bewusst erfahren und reflektiert hatte.

Nun – warum habe ich die Fortbildung, die von Margrit Wenk-Schlegel und Bernhard Lenfers Grünenfelder geleitet wurde, dennoch besucht? Weil im Flyer zum Kurs einleuchtend begründet wurde, warum das Thema ‚transpersonale Phänomene‘ für uns Lehrende wichtig und für Menschen, die regelmässig meditieren, hilfreich ist: Auf dem Weg der Kontemplation, auf dem Weg in die Tiefe, können einzelne Übende Phänomene wahrnehmen, die dem Alltagsbewusstsein weder zugänglich noch verständlich sind. Solche Erfahrungen können Geschenk sein, sie können aber auch stark verunsichern, schmerzen und quälen. Vor allem für letzteres ist es wichtig, im Gespräch mit einer Begleitperson Verständnis, Deutung und Orientierung zu bekommen.

Bereits in der Ausschreibung wurde thematisiert, dass eine Systematisierung von transpersonalen Phänomenen kaum möglich ist. Denn kulturell und historisch bedingt existiert eine verwirrende Vielfalt von Begrifflichkeiten und Definitionen, die sich in verschiedenen psychologischen Schulen, religiösen Traditionen und spirituellen Wegen verorten. So ging es denn der Kursleitung vor allem darum, uns für energetische, subtile und ausser- oder übersinnliche Erfahrungen zu sensibilisieren und Sprache dafür einzuüben, quasi Theorie und eigene Erfahrung zu verbinden. Dies sollte – neben Kontemplation – mit inhaltlichen Impulsen, thematischen Übungen mit persönlicher Reflexion und Lernpartnerschaften geschehen.

 

In vier Vorträgen erfuhren wir von transpersonalen Phänomenen im Kontext von Kontemplation, Theologie und Begleitung auf dem Lebensweg, von Phänomenen spiritueller Öffnung (u.a. Kundalini, Chakren) sowie von Inspiration und Intuition (Hellfühlen, -schmecken, -hören, -sehen). Durch die Schilderung eigener Erfahrungen wirkten die Vorträge der beiden Kursleitenden besonders lebendig.

Dass das Thema „Transpersonale Phänomene“ nachhaltiger bei mir angekommen ist, hat sicher damit zu tun, dass wir nicht nur mit dem ‚Kopf‘ Gehörtes reflektierten, sondern dass wir uns vertrauensvoll auf Körperübungen einliessen, quasi ganzheitlich als Körper-Seele-Geistwesen energetische Übungen und Körpermeditationen praktizierten und die dabei gemachten Erfahrungen in Einzelarbeit und in Lerngruppen – in Sprache fassten. In Erinnerung bleibt mir etwa – beim Berühren meiner Hände mit denjenigen einer anderen Person – die subtile Erfahrung von fliessender Wärmeenergie beim ‚Geben‘ und ‚Empfangen‘, oder dass ich nach einer Chakrenmeditation tatsächlich intuitiv genau wusste, wo ich berührt werden wollte.

 

Bewusst wurde mir während dieser Fortbildung vor allem auch, dass ich in meinem Leben und insbesondere auf meinem langjährigen Weg der Kontemplation schon längst Transpersonales erfahre, das alle Ratio übersteigt. Transpersonale Erfahrung hier verstanden als eine Erfahrung, welche die Wahrnehmung des empirischen Ichs in unserer Raum-Zeit-Dimension transzendiert in ein erweitertes Bewusstsein, analog dem Sprung vom mechanistischen Weltbild zu demjenigen der Quantenphysik oder – im Modell von Jean Gebser – von der mentalen Bewusstseinsstufe zu einem integralen Bewusstsein im Laufe der Evolution. Auch bei Mystikern und Mystikerinnen finden sich Umschreibungen für dieses eigentlich Unsagbare. In den Worten von Margrit Wenk-Schlegel: „Letztendlich und im Tiefsten ist unser gesamtes Sein und jegliche Erfahrung transpersonal, denn alles, was existiert ist durchwirkt vom EINEN SEIN, das sich in den verschiedensten Formen zeigt, das wir sind und das unser kleines Ich doch bei weitem übersteigt.“ Auf dem Weg zu dieser Einheitserfahrung sind wir Menschen unterschiedlich durchlässig. Unterschiedliche individuelle Öffnungserfahrungen mit den damit verbundenen körperlichen, emotionalen und geistigen Prozessen besser zu verstehen und zu begleiten, Vertrauen in diese Prozesse zu haben, dazu hat diese Fortbildung „Transpersonale Phänomene“ beigetragen. Dafür bin ich Margrit Wenk-Schlegel und Bernhard Lenfers Grünenfelder dankbar.

Beatrice Sutter, Kontemplationslehrerin via integralis