Ein Einblick in die diesjährige Fortbildung der via integralis Lehrenden vom 4. – 6. September 2020 auf Maria Lindenberg
Hella Sodies und Franziska Bolt
An der diesjährigen Lehrer*innen-Fortbildung im September auf dem Lindenberg im Schwarzwald hat sich eine grosse Zahl der via integralis-Lehrenden unter dem Leitgedanken „Die sinnliche Seele“ auf ein anspruchsvolles Thema eingelassen: Unter der Leitung und Begleitung von Franziska Bolt, Ärztin und seit Jahren Forschende auf diesem Fachgebiet, stellten wir uns dem bis heute bestehenden, oft schmerzhaften Bruch zwischen einer offen gelebten Spiritualität und einer vielfach von Sprachlosigkeit geprägten oder gar unterdrückten, teilweise heimlich und pervertiert gelebten Sexualität, die viel Leiden erzeugt. Ein existentielles Thema, ein Thema, das beileibe nicht nur für der via integralis zugewandte Menschen relevant ist, das aber gerade für uns als via integralis, die wir uns einer integralen Spiritualität verpflichtet wissen, aus den Dunkelkammern ins Licht unseres Bewusstseins zu holen ist.
Franziska Bolt sorgte mit ihrer Erfahrung und ihrer gleichermassen klaren wie liebevollen Präsenz für einen sicheren und professionellen Rahmen, um sich ernsthaft und ohne zu moralisieren auf das Thema einlassen zu können. Mit ihrer Unverkrampftheit und der humorvollen Leichtigkeit, mit der sie Worte für Totgeschwiegenes anbot, machte sie Mut und weckte Freude, eigene Erfahrungen einzubringen und persönliches Entwicklungspotential wahrzunehmen und zukünftig zu entfalten. So zeigte die von viel Dankbarkeit und Bewegung erfüllte Schlussrunde, dass es belebende Tage waren: intensiv, herausfordernd und reich an neuen Einsichten – für Frauen wie Männer. Die Fortbildung verstärkte in den Teilnehmenden die Überzeugung, dass es wichtig und an der Zeit ist, unsere Leiblichkeit und damit auch unsere Sexualität – als eine wesentliche Ausdrucksform unseres Menschseins – bewusst zu integrieren und entsprechende Impulse in unsere persönlichen Beziehungen wie auch in unsere Kirchen und unsere Gesellschaft hineinzutragen. In diesem Sinne möge der folgende ausführliche Tagungsbericht, der die Inhalte der Impulse und Vorträge von Franziska Bolt zusammenfasst, dazu ermutigen.
Der erste inhaltliche Block nahm uns mit auf eine Reise in die Vergangenheit, die viel Betroffenheit auslöste und uns alte Prägungen verstehen liess. Franziska Bolt führte aus, weshalb in der europäischen Kulturgeschichte das Heilige/Spirituelle und das Sinnliche/Körperliche, die ursprünglich eine Einheit bildeten, auseinandergebrochen sind – um im zweiten Teil des Wochenendes aufzuzeigen, wie wir beides wieder zusammenführen können. Sie bezog sich dabei im ersten Teil schwerpunktmässig auf das Werk „Kelch und Schwert“ von Riane Eisler (Kelch und Schwert. Weibliches und männliches Prinzip in der Geschichte. Unsere Geschichte, unsere Zukunft, Arbor Verlag, 3. Auflage 2005), welches für sie Augen öffnend war. Es ermöglichte ihr, eigene innere Bilder mit einem auch rational begründeten Weltbild zusammenzubringen. Eisler verwendet u.a. archäologische Funde neuerer Ausgrabungsstätten in Osteuropa und dem Nahen Osten, um die Geschichte Alteuropas anders zu deuten, als wir dies aus dem Geschichtsunterricht in der Schule kennen.
Im Folgenden ein Auszug aus dem unveröffentlichten Manuskript „Integrale Weiblichkeit – die Wiederverbindung des Heiligen mit dem Sinnlichen“ von Franziska Bolt zum Buch von Riane Eisler: „Im Zentrum von Eislers Werk steht die Feststellung, dass der Gedanke der Herrschaft eines Geschlechts über das andere – also eines Patriarchats oder Matriarchats – bereits eine männlich verzerrte kulturelle Vorstellung ist und dass wir Gefahr laufen, die Geschichte des europäischen Neolithikums falsch zu deuten, wenn wir von dem Grundgedanken ausgehen, dass zu jedem Zeitpunkt der Geschichte ein Geschlecht dominant gewesen sein muss. Eisler nennt das auf maskulinen Werten beruhende, von Männern dominierte patriarchale System, das unsere Kultur seit mindestens fünftausend Jahren prägt, Androkratie und setzt diesem den Begriff der Gylanie entgegen (gy-: griech. gyne = Frau, l-: engl. linking, verbinden, sowie griech. lyein, lösen; an-: griech. aner, Mann). Sie definiert Gylanie als ein Gesellschaftssystem, das auf der Gleichwertigkeit (nicht Gleichheit!) und Kooperation beider Geschlechter beruht und durch maskuline wie feminine Werte geprägt ist. Und sie postuliert, dass es im neusteinzeitlichen Europa im Zeitraum zwischen 9000v.Chr. und ca. 5000v.Chr. eine mehrere Jahrtausende dauernde, stabile gylanische Epoche gegeben haben muss. Anhand konkreter Hinweise auf archäologische Funde zeichnet sie das Bild eines ausgedehnten alteuropäischen Kulturraums, in dem es entgegen der gängigen Lehrmeinung mehrere Wiegen der Zivilisation gab. Siedlungen wurden ohne Befestigungen in fruchtbaren Niederungen angelegt. Die gesellschaftlichen Hierarchien waren flach; Güter wurden relativ gleichmässig verteilt, Überschüsse flossen in eine gut ausgebaute gemeinschaftliche Infrastruktur (Bäder, Strassen, Parks). Sklaverei und Krieg waren unbekannt. Ästhetik und eine ästhetische Architektur sowie Kunst, Spiritualität, spielerische Sportarten und eine eher freizügig gelebte Sexualität spielten eine wichtige Rolle. Handel und Handwerkskunst blühten von Nord- bis Südeuropa. Insgesamt fand eine langsame, aber allmähliche kulturelle Entwicklung statt. Und: Die Quelle des Lebens wurde als weiblich empfunden, entsprechend genossen Frauen hohes Ansehen. Eine allgegenwärtige Muttergöttin durchdrang sämtliche Bereiche des Lebens, und dies schien auch den Männern gut zu bekommen. Spiritualität und Alltag waren aufs Engste miteinander verknüpft, wie die zahlreichen Altarnischen, religiösen Gegenstände und Gemälde in den Häusern zeigten. Das Lebensgefühl der Menschen wurde durch einen Sinn für die Heiligkeit des Lebens geprägt. Die grosse Muttergöttin schenkte alles Leben, und in ihren Schoss kehrte alles wieder zurück. Der Kreis des Lebens war vollständig, und die Angst vor dem Tod verblasste angesichts üppiger Lebensfreude. In dieser Zeit gab es auch keine Hinweise für Königsfolgen; es sind keine Namen, Skulpturen oder Gemälde von Einzelherrschern oder Dynastien erhalten geblieben, was den Archäologen bisher merkwürdig und primitiv vorkam. Eisler verwirft auch die gängige Hypothese, dass das Phänomen des Krieges eng an die neu aufkommende Verarbeitung von Metallen gekoppelt ist. Sie zeigt auf, dass die Metallverarbeitung in der gylanischen Epoche durchaus schon bekannt war, aber ausschliesslich für die Herstellung von Schmuck, Werkzeugen, Kunst- und Kultgegenständen verwendet wurde. Als Beispiele nennt Eisler u.a. die minoische Kultur auf Kreta und neolithische Ausgrabungsstätten in Catal Hüyük, Hacilar (beide auf der Hochebene des heutigen Anatolien) sowie die Megalith-Kulturen von Stonehenge, Avebury und Malta.(…)
Anhand systemtheoretischer Überlegungen skizziert Riane Eisler dann das Ende der gylanischen Epoche, als eine kulturelle Anomalie am Rand des damaligen Alten Europa auftrat. Diese anfänglich kleine Randerscheinung vermochte das gesamte Kultursystem zu erschüttern und in relativ kurzer Zeit in ein androkratisches System zu kippen, unter dem die westliche Kultur – und aufgrund des gewaltsamen Exports unserer Werte in den vergangenen Jahrhunderten auch weite Teile des gesamten Globus – bis heute leiden. Im Übergang vom Kupfer- zum Bronzezeitalter (ab 5000 – 2500 v. Chr) drangen bewaffnete Horden von Kurgan-Völkern (Kurgan = Grabhügel) aus Nordostasien, Nordosteuropa sowie Nomadenstämme aus dem Nahen Osten in mehreren Einwanderungswellen in den alteuropäischen Kulturraum ein. Sie gehörten zur indoeuropäischen Sprachgruppe. Als Beispiele nennt Eisler die Arier in Indien, die Hethiter und Mitaner im Fruchtbaren Halbmond, die Luwer in Anatolien, die Kurgan-Völker in Osteuropa, die Achäer und Dorer in Griechenland und semitische Stämme in Kanaan. Sie brachten ein dominatorisches Modell gesellschaftlicher Organisation mit einer autoritären, steil hierarchischen Sozialstruktur. Die aus dem Norden kommenden Stämme kamen häufig zu Pferd. Sie eroberten, plünderten, ermordeten die Männer und Kinder, schwängerten die jungen Frauen und setzten ihre Kultur zunächst mit roher Gewalt durch, übernahmen mit der Zeit aber auch Merkmale der alteuropäischen Kultur wie z.B. den Sinn für Kunsthandwerk und Ästhetik. Sie brachten männliche, aggressive und strafende Kriegs- und Berggötter mit. (…) Neu war der physisch Stärkste, Brutalste und Skrupelloseste der Anführer. Eine patrilineare Erbfolge wurde installiert. Nun gab es Häuptlingsgräber, und auf Anhöhen wurden befestigte Siedlungen gebaut. Priestertum und Geschichtsschreibung wurden von Männern übernommen. (…) Der materielle Besitz war in Männerhänden. Es gab soziale Ungleichheit, Armut, Versklavung und Exekutionen. Die Grosse Göttin wurde zur Konkubine männlicher Herrschergötter degradiert. Gesetze, Mythen und Gesänge wurden im Lauf der Zeit zugunsten der Männer umformuliert, Symbole umgedeutet. (…) Frauen und Kinder wurden zum Besitz des Mannes, und friedliebende Männer wurden genauso unterdrückt. Gebären und Menstruieren galten neu als unrein. Die Funktion der Frauen wurde auf Gebären, Kindererziehung und Gartenbau reduziert. Die weibliche Sexualität wurde fortan von Männern kontrolliert.
Die androkratische Transformation der alteuropäischen Kultur war gründlich. Eine Welle der Vernichtung und des kulturellen Niedergangs fegte über das neusteinzeitliche Europa. Nach einer Periode des Chaos fand die kulturelle Entwicklung verändert statt. Erst später entstanden aus der Verschmelzung von Resten der gylanischen mit der neuen androkratischen Kultur die Hochkulturen von Sumer und Ägypten, die gemeinhin als Wiege der europäischen Zivilisation gelten. Bis heute dauert diese Geschichte von Gewalt und Unterdrückung an.
Als Gott ein Mann wurde, brach der Kreis des Lebens. Mit dem Verlust der gylanischen Lebensfreude und der Entthronung der Grossen Göttin brach die Einheit aller Dinge, und damit ging ein tiefes Gefühl der Einsamkeit der Menschen einher. Weil die Muttergöttin fehlte, in deren Schoss die Sterbenden Frieden und Neugeburt fanden, wurde der Tod nun viel bedrohlicher. Die Angst vor dem Tod und seine Vermeidung wurden zu einer mächtigen Triebfeder der europäischen Kultur und sind es bis heute geblieben. Der Sinn für die Heiligkeit des Lebens ging verloren.
Der neue androkratische Gott verlangte eine Unterwerfung der Natur; sie wurde nun ausgebeutet. Die unterdrückte und missbrauchte Sexualität wurde von der übrigen geistigen Entwicklung im Menschen abgespalten. Das Heilige und das Sinnliche, die lange Zeit eine Einheit im Leben unserer Vorfahren gebildet hatten, brachen auseinander.“
Parallel dazu ging das vermutlich unbewusste, aber im Alltag gelebte Wissen vom ganzheitlichen Menschen und der Gleichwertigkeit der Geschlechter aus der gylanischen Epoche verloren. Weil das männliche Prinzip des Trennens (Analyse) in unserer Kultur stärker ausgeprägt war als das weibliche Prinzip des Verbindens zu einem Ganzen (Synthese), zerfiel der europäische Mensch in eine Psyche und einen Körper, zwischen welchen praktisch keine Verbindung mehr bestand, statt unser Selbst-Bewusstsein einfach in verschiedene Anteile zu differenzieren, die ein harmonisches Ganzes ergeben hätten. Diese radikale Spaltung zwischen Körper und Psyche (welche mit Verstand gleichgesetzt wurde) wird Europäische Dissoziation genannt. Sie fand in Europa v.a. in der griechischen Antike statt und zieht sich bis in die Gegenwart. Franziska Bolt führte weiterhin aus, dass aus dieser Vorstellung Bruchlinien in unserer “Körperpsyche” resultierten (Trennung von Sexualität und Psyche sowie Trennung von Emotionen und Verstand), die bis heute wirken. Fatal dabei eine weitere Folge: Auch die Transzendenz wurde abgekoppelt und abgewertet und wird – vor diesem Hintergrund nicht erstaunlich – in der klassischen Psychiatrie bis heute oft als pathologisch betrachtet.
Franziska Bolt beendete den ersten inhaltlichen Block der Fortbildung mit einem Verweis auf die zahlreichen Androkraten unserer Tage in allen Kontinenten und zeigte damit auf, dass Spiritualität und Sexualität bis in die Gegenwart hinein auch politische Themen sind. Weiterhin brachte sie – erschütternd für uns Teilnehmende – die weltweiten Konsequenzen des androkratischen Prinzips für die Sexualität auf den Punkt: Sexualität, die – vorwiegend, aber nicht ausschliesslich von Männern – bis heute als Macht- und Folterinstrument missbraucht wird, Kontrolle der Sexualität von Frauen mit weiblicher Genitalverstümmelung als schlimmster Form, Femizide (Tötung von Mädchen und Frauen wegen ihres Geschlechts) mit dem daraus resultierenden Frauenmangel, in dem Soziologen eine Ursache für zukünftige soziale Gewalt und Kriege voraussehen.
Vor diesem Hintergrund stellen sich Fragen:
- Wie setzen wir dieses Wissen zukünftig gewinnbringend ein und finden zurück zu einer Kultur der Gleichwertigkeit und Kooperation beider Geschlechter – auch in der Sexualität, in der wir vielfach sprachlos und anscheinend wenig selbst-bewusst unseren Energien ausgeliefert sind?
- Wie stärken wir (junge) Männer, ihre männlichen Anteile konstruktiv zu leben und einen Zugang auch zu ihren weiblichen Anteilen zu finden und diese ebenfalls selbstbewusst einzubringen?
- Wie ermutigen wir (junge) Frauen, ihre weiblichen Anteile selbstbewusst zu leben und einen Zugang zu ihren männlichen Anteilen zu finden und diese ebenfalls konstruktiv einzubringen?
- Wie können wir (auch) in der Sexualität vorleben, was verlocken kann?
Die Suche nach Antworten auf diese Fragen stand wegweisend über dem zweiten Teil der Fortbildung, in dem Franziska Bolt eine von ihr modellhaft entwickelte Landkarte der verschiedenen sexuellen Energien und der Interpretation von sexuell-spirituellen Erfahrungen vorstellte. Sie differenziert dabei auf Basis unzähliger Gespräche mit Frauen und Männern in den letzten ca. 15 Jahren über körperliche, emotionale und spirituelle Erfahrungen in der Sexualität zwischen roter, oranger, goldgelber und diamantener sexueller Energie. Da es ihr nicht um eine Bewertung der Energien im Sinne von Stufen geht und weil ihr ein sprachlich niederschwelliger Zugang ohne vorbelastete Ausdrücke wichtig ist, hat sie sich für ein Farbenmodell entschieden. Wichtig ist dabei, dass alle vier Energien für Männer und Frauen erfahrbar sind – und dies nicht nur in Beziehungen und partnerschaftlich gelebter Sexualität, sondern auch als allein lebender Mensch. Die gelebte Sexualität ist ihrer Ansicht nach jedoch der für Viele „einfachste“ Türöffner zu entsprechenden Erfahrungen.
Mit ihrem Modell bietet sie Sprache, um Erlebnisse, Wünsche und Bedürfnisse in Worte zu fassen und möchte Paare ermutigen, sich gemeinsam auf eine bewusste Entdeckungsreise ihrer sexuellen Energien zu begeben. Rot steht dabei für eine feurige sexuelle Energie, die zielstrebig und drängend auf den Orgasmus hinzielt und zu einem kurzen, körperlichen Zustand der Ekstase führt. Sie entspricht im Körper von Frauen und Männern am meisten dem maskulinen Prinzip des Tuns und ist in Klitoris und Vulva resp. Penis verortet (sog. klitoraler Orgasmus bei Frauen). Orange ist die sexuelle Energie von Vagina und Prostata und besitzt sowohl feurige wie süssliche, weiche und leidenschaftliche Eigenschaften. Sie wird durch den G-Zustand (= Vertrauen, Offenheit, Hingabe) und fakultativ durch die Stimulation der Vagina („G-Punkt“ oder andere erogene Zonen in der Vagina resp. durch fakultative Stimulation der Prostata) geweckt und führt zu einem Orgasmus (sog. vaginaler Orgasmus), der länger andauert und als tiefer empfunden wird als der rote, d.h. als körperliche und emotionale Ekstase, welche zu vermehrter Intimität und Verbundenheit mit dem Partner führt. Goldgelbe sexuelle Energie schliesslich ist bei Frauen im Bereich der Gebärmutter zu finden und besitzt fast ausschliesslich feminine Eigenschaften, d.h. hier geht es nicht mehr um Tun, sondern um einen Zustand. Sie ist immer noch sehr lustvoll, hat aber einen weichen, süsslichen, magnetischen Charakter. Sie ruht in sich selbst und drängt nirgends hin. Der orgastische Zustand (sog. Muttermund-Orgasmus in gängiger Literatur) ist kein Gipfelereignis, sondern ein Zustand wellenförmiger ekstatischer sexueller und emotionaler Glückseligkeit, der im ganzen Körper spürbar ist und als Tor zu transzendenten Erfahrungen dienen kann. Die goldgelbe sexuelle Energie kann durch Achtsamkeits- und Visualisierungsübungen allein oder in der Partnerschaft durch eine langsame, eher meditative Vereinigung geweckt werden, in der die volle Präsenz beider Partner gefragt ist. Goldgelbe sexuelle Energie kann mit etwas Übung dauerhaft zum Fliessen gebracht werden und fördert Kreativität, Heiterkeit, Gelassenheit, ein Gefühl der Vollständigkeit und Fülle sowie das Gefühl körperlicher Gesundheit. Von Männern wird Goldgelb anatomisch ebenfalls im Bereich der Prostata empfunden. Diamantene (sexuelle) Energie ist ein Zustand, der sich nach wiederholten Kundalini-Erfahrungen einstellen kann, die zu einer Verbindung der Energie aller Chakras und damit aller menschlichen Wesensaspekte führt. Die sexuellen Energien sind ganz mit den übrigen verbunden und ergeben ein Einheitsbewusstsein von Körper, Seele und Kosmos. Der diamantene Zustand ist luzide – eine belebende körperliche, emotionale, geistige und seelische Klarheit, Frische, Präsenz, Vitalität, Weichheit, Sinnlichkeit, Zärtlichkeit, All-Verbundenheit. Per se beinhaltet der diamantene Zustand keine orgastische Erfahrung und kann auch durch Meditation etc. geweckt werden, aber Rot, Orange und Goldgelb können weiterhin gelebt werden, wenn gewünscht. In diesem Zustand werden Galaxien zum sinnlichen Körper des Göttlichen, der menschliche Schoss zum sakralen Tempel.
Franziska Bolt führte aus, dass sie durch ihre Forschungsarbeit zu der – vor dem Hintergrund der Inhalte im ersten Teil der Fortbildung nicht überraschenden – Erkenntnis gekommen ist, dass wir im Kollektiv in unserer psychosexuellen Entwicklung weitgehend bei Vorstellungen und Ausdrucksformen von „roter Sexualität“ stehen geblieben sind. Die Männer, weil sie nicht anders konnten/können, d.h. weil sie aufgrund ihrer natürlicherweise stark ausgeprägten roten sexuellen Energie kaum Zugang zu ihren anderen Energien haben und nicht dazu angeleitet werden, die Frauen, weil sie nicht anders durften/dürfen, da „rote Sexualität“ als die einzig richtige bewertet wird und andere Energien nicht kultiviert werden. Dies ist zu bedauern, da wir als Menschheit so weitgehend von ergänzendem, in uns brach liegendem Potential abgeschnitten sind. So sieht Franziska Bolt es als unsere Aufgabe, dazu beizutragen, dass wir diese verhinderte Entwicklung nachholen und ALLE Energien integrieren, um die Bruchlinien zu überwinden, die unsere Kulturgeschichte in uns hinterliess. Sie diagnostiziert, dass der extreme technologische Fortschritt in den beiden letzten Jahrhunderten in einem krassen Gegensatz zur emotionalen, sexuellen und spirituellen Unterentwicklung in unserem Kulturraum steht. Die Entwicklung letzterer drei wurde im androkratischen System bewusst systematisch verhindert. Dies nicht zuletzt auch durch eine christliche Religion, in der transzendente Erfahrungen der Gläubigen gar nicht vorgesehen waren, da es seit 1600 Jahren primär um die Erhaltung des androkratischen religiösen Machtapparates ging und geht. Wer eigene Erfahrungen macht, braucht jedoch möglicherweise keinen Hirten mehr. Tragisch aus heutiger Sicht: Die Erzählung von Adam und Eva im Garten Eden zeigt, dass zu biblischen Zeiten noch eine wehmütige Erkenntnis über das Verlorene da war: Das Paradies als letzte Erinnerung „unserer“ Zeit und unseres Kulturraumes an das gylanische Zeitalter. Doch auch wenn wir es verloren haben: In uns liegt das Potential, uns mit unserer Vorgeschichte neu zu verbinden und unseren Beitrag zu leisten für ein neues gylanisches Gesellschaftssystem, das auf der Gleichwertigkeit und Kooperation der Geschlechter und auf der bewussten Integration aller Dimensionen unseres Menschseins aufbaut. Franziska Bolt hat dazu Mut gemacht.
D A N K E !
Voraussichtlich im kommenden Jahr veröffentlicht sie ihre Erkenntnisse in Buchform. Wir dürfen uns darauf freuen.