Aller au contenu

NL-010

Interview mit dem neu ernannten Zen-Lehrer Jürgen Lembke

RG: Jürgen, schon einmal haben wir uns zu einem Interview getroffen. Das war im November 2016 am Bahnhof in Zürich … erinnerst du dich noch? – Im Medizinischen würde man von einer `Zwischenanamnese` sprechen: was hat sich bei Dir in grossen Zügen seit dem 14. Oktober 2016 ereignet? JL: Du sprichst von dem Interview, welches wir beide nach der Vereinsgründung der via integralis geführt haben. Damals wie heute ist es mir ein Anliegen, Menschen die Erfahrung des Aufgehoben-Seins zu ermöglichen. In Bezug auf unsere Gemeinschaft der Kontemplationslehrenden bedeutete dies, dass wir zusammen die via integralis als Verein etablieren. Ich sprach damals von Organisationsstrukturen, die, in Analogie zum knöchernen Skelett, unserem Organismus den notwendigen Halt geben. Heute freue ich mich über diesen sehr lebendigen Verein, in dem weiterhin Wachstum geschieht.

Alpsegen

Wieso komme ich dazu, einen Text über den Alpsegen zu gestalten? Dies wohl, weil ich zu Beginn der Coronazeit gefragt wurde, ob ich nicht einen Stadtsegen (Alpsegen, in der Stadt gerufen, und an die Coronaverhältnisse angepasst) auf dem Dach der ökumenischen Haldenkirche in St. Gallen rufen würde. Damals habe ich sofort zugesagt, obwohl ich über den Hintergrund des Alpsegens gar nicht viel wusste. Wer einen tiefen Glauben an die heilvolle Wirkung des Segensrufes auf der Alp hat, kann durchaus diese Art Gebetsrezitation in die Stadt übertragen. Wie auf der Alp, wo neben dem Sennen vielleicht keine Menschenseele in der Nähe ist, so kann der Stadtsegen auch in die laute Stadt gerufen werden und ein ganzes Quartier einhüllen.

Verbunden in der Stille

Nach dem Jahrestreffen der Lehrerinnen und Lehrer der Kontemplationsschule via integralis im Februar 2020 spürte Claudia Nothelfer einmal mehr, wie gut die Verbundenheit untereinander tut und wie stark das Kraftfeld ist, das sich im gemeinsamen Meditieren in einer grossen Gruppe aufbaut. Daraus erwuchs das Bedürfnis, dieses Potenzial zu nutzen, eine zusätzliche Form der Verbundenheit unter den Lehrenden zu schaffen und Meditierende von aussen mit einzubeziehen. Es war die Zeit, in der das Corona-Virus Europa erreicht hatte und aus anderen Ländern tief berührende Nachrichten über schwer Erkrankte und Sterbende kamen.

Wozu braucht es Zen-Lehrer?

Am 21. November 2020 wird Niklaus Brantschen – er hat zusammen mit Pia Gyger vor bald zwanzig Jahren eine Zen-Linie und die Kontemplationsschule via integralis gegründet – Jürgen Lembke zum Zen-Lehrer ernennen. Im Folgenden erinnert er daran, was Zen ist, warum gute Zen-Lehrer nötig sind und wie Zen als ein integrales Moment zur via integralis gehört. Zen ist einfach. Es hat mit dem Naheliegenden zu tun. Ein kurzer Blick auf die beiden grossen spirituellen Ströme Chinas, die das Zen mitgeprägt haben, macht dies deutlich: Für Konfuzius ist der WEG (goss geschrieben) das Innere Gesetz: `Der WEG ist nahe, aber die Menschen suchen ihn in weiter Ferne. Nicht für einen Augenblick können wir von ihm getrennt sein. Das, wovon wir getrennt sein können, ist nicht der WEG`.

Lese- und Geschenktipp: “Stille” von Erling Kagge

Der Norweger Erling Kagge ist Autor, Jurist, Verleger und Kunstsammler, vor allem aber ist er ein Abenteurer. Und Vater von drei Töchtern. Er ist der erste Mensch, der Südpol, Nordpol und den Mount Everest erreichte. Und das innerhalb von vier Jahren. Auch den Untergrund New Yorks, die Kanalisation und Tunnel, hat er bereist. Was er entdeckt hat auf seinen Expeditionen?

Was muss ich tun?

«Was muss ich tun…» Diese Frage stellt sich im Alltag zurzeit fast täglich. Vielleicht in Varianten wie: «Was soll ich tun», «Was darf ich tun?», oder auch «Was soll ich gerade nicht tun?». Es sind Fragen, die dort gestellt werden, wo die eingeschliffenen Muster nicht mehr tragen oder durch neue Entwicklungen durchbrochen werden. In der Bibel wird die Frage «Was soll ich tun?» zweimal mit einer Fortsetzung gestellt: «Was muss ich tun, um ewiges Leben zu erben?»

Die sinnliche Seele: Spiritualität und Sexualität

An der diesjährigen Lehrer*innen-Fortbildung im September auf dem Lindenberg im Schwarzwald hat sich eine grosse Zahl der via integralis-Lehrenden unter dem Leitgedanken „Die sinnliche Seele“ auf ein anspruchsvolles Thema eingelassen: Unter der Leitung und Begleitung von Franziska Bolt, Ärztin und seit Jahren Forschende auf diesem Fachgebiet, stellten wir uns dem bis heute bestehenden, oft schmerzhaften Bruch zwischen einer offen gelebten Spiritualität und einer vielfach von Sprachlosigkeit geprägten oder gar unterdrückten, teilweise heimlich und pervertiert gelebten Sexualität, die viel Leiden erzeugt. Ein existentielles Thema, ein Thema, das beileibe nicht nur für der via integralis zugewandte Menschen relevant ist, das aber gerade für uns als via integralis, die wir uns einer integralen Spiritualität verpflichtet wissen, aus den Dunkelkammern ins Licht unseres Bewusstseins zu holen ist.

Lesetipp: ALLES TRÄGT DEN EINEN NAMEN von Richard Rohr

„Christus“ bezeichnet die transzendente Wirklichkeit in allen Dingen, DAS, wo alle Dualität, alle Bewertung und Unterscheidung nicht ist, wo ES eins ist, alles in allem. Zustand, Ziel und Bewegung hin zugleich. Christus als transformierendes Prinzip, alle Religionen und Kulturen überspannend. Richard Rohr tastet sich an die Namen „Jesus“ und „Christus“ heran. Wie erhalten sie Gültigkeit für die gesamte Menschheit? Ja, für alles Seiende?