Aller au contenu

Beeindruckendes Wachstum in Lettland

Meditationsraum in der Stacija

Vom Elias Haus zum Institut der Integralen Ausbildung und zur «Stacija (Station)» – Bericht von Inga Rubene

Im Jahr 2008 suchte mein Mann Juris nach einem Ort, an dem er seine Meditationspraxis vertiefen konnte. Obwohl er bereits viele Jahre als Pfarrer tätig war und meditiert hatte, spürte er, dass ihm ein Lehrer fehlte, der ihn auf diesem subtilen Weg der Selbstbegegnung begleiten würde. Jedes Mal, wenn er das Wort „Meditation“ in ein Internetsuchprogramm eingab, kam als Erstes das Lassalle Haus in der Schweiz. Nach einigem Überlegen meldete er sich beim nächstgelegenen Kontemplationstag an und ging in die Schweiz. 

Noch heute erinnert er sich daran, dass er, als er zum ersten Mal in der geräumigen Halle des Lassalle-Hauses stand, das Gefühl hatte, die Heimat seiner Seele gefunden zu haben. Während des Retreats führte er ein kurzes Gespräch mit Niklaus Brantschen SJ, das zu einem schönen Ergebnis führte: Er wurde in den zweiten Ausbildungslehrgang der Lassalle Kontemplationsschule via integralis aufgenommen und ging nach einigen Monaten zum ersten Seminar. 

Schon vorher dachten wir, wir wollten in Lettland einen Ort schaffen, an dem die Menschen eine Pause von ihrem Alltag einlegen können, aber nach dem Besuch des Lassalle-Hauses war klar, dass es in Lettland einen Ort geben musste, an dem sich die Menschen spirituell vervollkommnen können und Meditation erlernen.

Im selben Jahr begannen wir mit umfangreichen Renovierungsarbeiten auf unserem ländlichen Anwesen, um das erste Meditationszentrum in Lettland zu errichten, das wir Elias Haus nannten. Das kleine Holzhaus, das von Wäldern umgeben ist und in einer sehr abgelegenen Gegend nahe der Ostsee liegt, wurde am 26. November 2009 eingeweiht. Als Juris und ich an diesem Haus arbeiteten, hatten wir keine Ahnung, was daraus werden und wie sehr es unser Leben verändern würde. Wir folgten nur einem tiefen, geheimnisvollen und unwiderstehlichen Ruf, den wir in unserem Herzen spürten. 

In den Anfangsjahren im Elias Haus bekamen wir viel Hilfe von Lehrerinnen und Lehrern aus der Schweiz, die zu guten Freunden wurden. Wir sind Bernhard und Gabriele Stappel und Hildegard Schmittfull sehr dankbar, die an uns geglaubt haben, als wir anfingen. Sie besuchten uns mehrere Jahre hintereinander, um uns zu unterstützen und Kontemplationstage durchzuführen. 2010 besuchte uns Bernhard, 2011 Hildegard, Bernhard und Gabriele leiteten mehrere Kontemplationstage, 2012 leiteten Niklaus Brantschen und Pia Gyger dreitägige Kontemplationstage. Sie alle lehrten uns, ermutigten uns und unterstützten uns dabei, das zu tun, was uns am Herzen lag. 

Im Laufe der Zeit wurde das Elias Haus in Lettland bekannt und viele Menschen machten dort eine wahrhaft spirituelle und lebensverändernde Erfahrung. Einige Jahre nach der Gründung des Elias Hauses standen wir vor der Situation, dass wir nicht mehr alle Menschen unterbringen konnten, die zu uns kommen wollten.
Das Haus war klein, wir konnten maximal 17 Personen beherbergen. Juris und ich träumten also beide von größeren Räumlichkeiten, mussten aber feststellen, dass wir das weder finanziell noch von der Kraft her allein schaffen konnten. 

Ein Gebäudekomplex in sehr schlechtem Zustand befand sich in der Nähe vom Elias Haus, etwa 500 Meter meerwärts. Dazu gehörten das ehemalige Bahnhofsgebäude aus dem Jahr 1902 und die um 1960 errichteten Gebäude, die einst einen sowjetischen Grenzschutzposten beherbergten. Unser ältester Sohn Filips und seine Frau Lita erwarben diese Gebäude im Sommer 2019, mit der Idee, sie irgendwann in ein Zentrum für spirituelle Praxis umzuwandeln – einen geräumigen, komfortablen Ort, an dem verschiedene Arten von Retreats und Seminaren stattfinden können. Doch Covid-19 zwang sie zum schnellen Handeln. 

Im Frühjahr 2020 begannen die durch die Covid-Epidemie verursachten Einschränkungen. Dies markierte einen Wendepunkt in den Aktivitäten des Elias Haus. Der beengte Raum war für öffentliche Veranstaltungen nicht mehr geeignet. Das Elias Haus musste als Versammlungsort für Menschen geschlossen werden. 

Filips und Lita gründeten im ehemaligen Grenzschutzposten das Zentrum für spirituelle Praxis, die Stacija (Station), um über komfortable Räumlichkeiten für die Organisation von Kontemplationstagen und weiteren Veranstaltungen zur spirituellen Entwicklung zu verfügen. Sie begannen mit der Renovation des am besten erhaltenen Gebäudes. Der Name des Ortes, Station, ergab sich von selbst. Es schien ein sehr passendes und tiefgründiges Bild zu sein. Zunächst einmal erinnert es uns daran, dass das Leben eine Reise ist. Wir müssen die Verantwortung für den Zug übernehmen (Lebensstil, Muster, Philosophie), in den wir eingestiegen sind. Aber wir können auch aus jedem Zug aussteigen. Züge können gewechselt werden. 
Die «Stacija» sagt uns, dass jeder Mensch von Zeit zu Zeit anhalten muss. 

Der erste Stopp war bereits im Sommer desselben Jahres geplant. Damit die Open-Air-Veranstaltungen des von Bill Plotkin gegründeten Animas Valley Institute in Lettland stattfinden konnten, musste mindestens ein Gebäude errichtet werden, um eine Küche und einen grossen Speisesaal einzurichten. Es handelte sich um ein Restaurantgebäude mit 6 Wohnräumen im Obergeschoss. 

Als Filips und Lita sahen, dass unser Elias Haus seine Aktivitäten nicht so schnell wieder aufnehmen kann und wie sehr die Menschen jetzt spirituelle Unterstützung benötigten, waren sie bereit, die Bauarbeiten an ihrem neuen Anwesen fortzusetzen. Trotz vieler Herausforderungen im Kontext der finanziellen Sicherheit wurde mit der Rekonstruktion des zentralen Gebäudes – dem Haus der Stille – begonnen. Filips und Lita sind in Riga berufstätig. Sie haben drei Töchter, die viel Zeit und Aufmerksamkeit benötigen. Dennoch fanden beide die Zeit, die Kraft und die Entschlossenheit, dieses Projekt zu entwickeln. Sie verbrachten jede freie Minute dort, wagten es, sich Geld zu leihen und investierten riesige Summen in die Errichtung des Komplexes. 

Das Haus der Stille wurde nach und nach, Raum für Raum, wiederaufgebaut. Zunächst konnten wir den Meditationsraum nutzen, in dem auch Vorträge gehalten wurden. Dann wurden der Vortragsraum und die Bibliothek gebaut. Die Teilnehmer wurden in den oberen Räumen des Restaurantgebäudes untergebracht, und wir nutzten Räume im Elias Haus. Zu Anfang dieses Jahres wurde das Haus der Stille vollständig fertiggestellt. Es hat 30 Zimmer, von denen sechs für zwei Personen geeignet sind. 

Derzeit sind in der Station die modernsten und komfortabelsten Räume für die Organisation von Retreats und Kontemplationstage in Lettland entstanden. Die Teilnehmer wohnen in Einzelzimmern mit allen Annehmlichkeiten, verfügen über einen geräumigen Meditationsraum, einen modernen Vortragsraum, eine Bibliothek und ein Restaurant, in dem köstliche vegetarische Gerichte zubereitet werden. Eine besondere Atmosphäre entsteht nicht nur durch die unberührte Natur und die Nähe zur Ostsee, sondern auch durch die besondere Atmosphäre des Hauses der Stille, die inspiriert und motiviert, an sich selbst zu arbeiten. 

Die Arbeiten an der Entwicklung der Station gehen jedoch weiter. Zukünftig planen wir auch die Restaurierung des alten hölzernen Bahnhofsgebäudes und den Umbau zu einem Aufenthaltsort für Menschen, die für längere Zeit in Ruhe und Alleinsein wieder Kraft aufbauen möchten oder vor wichtigen Lebensentscheidungen stehen. Dort ist auch eine Kapelle geplant. Benötigt werden ausserdem Wirtschaftsräume und kleine Wohnungen für Lehrer, die in der ehemaligen Panzergarage entstehen sollen. 

Derzeit finden in der Station Veranstaltungen statt, die von Lehrern des Institutes der Integralen Ausbildung, der Lassalle Kontemplationsschule via integralis, des Animas Valley Institute, von Illuman, Soulcraft Baltic, der Silence School und der Foundation for Shamanic Studies Europe geleitet werden. 

Juris und ich haben 2018 das Institut der integralen Ausbildung gegründet, um unsere Arbeit auszuweiten und mit Veranstaltungen in der Hauptstadt Riga ein breiteres Spektrum von Menschen zu erreichen. Dank der Arbeit des Institutes wird Meditation in Lettland auch von mehreren staatlichen Organisationen gelehrt, Juris hat Vorträge vor Richtern des Obersten Gerichtshofs gehalten und viele führende Unternehmen haben Meditationsschulungen für ihre Mitarbeiter organisiert. 

Derzeit führt das Institut der Integralen Ausbildung nicht nur Meditationsveranstaltungen durch, sondern auch Bildungsseminare, die Meditation beinhalten. Großes Interesse besteht an der 4-teiligen Seminarreihe „Vier Intelligenzen“, bei der sich jedes zweitägige Seminar mit einer der Intelligenzen beschäftigt: spirituell, emotional, mental und körperlich. Auch die U-Theorie von Otto Scharmer stößt auf großes Interesse. Juris führt gemeinsam mit Gastlehrern Seminare zur Praxis der U-Theorie durch. Mein Fachgebiet außerhalb des Meditationsunterrichts ist die Welt der Frauen – die psychologischen Unterschiede zwischen den beiden Geschlechtern und wie man eine gesunde, ganzheitliche Sicht auf sein Leben entwickelt. Veranstaltungen finden sowohl in der Station als auch in Riga statt, wo wir Räume mieten. 

Zusammen mit Juris führen wir alle zwei Monate Wochen der Stille in der Station durch. Es ist eine Gelegenheit für Menschen, eine Woche in Stille zu verbringen und auf ihre innere Welt zu achten. Die Meditation bei diesen Veranstaltungen ist optional, es ist jedoch möglich, unter Anleitung eines Lehrers 3,5 Stunden pro Tag zu meditieren. Während dieser Woche kann auch Zeit mit Lesen oder langen Spaziergängen in der Natur verbracht werden. Wir bieten einen Rahmen für diese Woche, den die Teilnehmenden nach Belieben in Stille und Achtsamkeit verbringen können. 

Wir freuen uns sehr über unsere zahlreichen Kooperationspartner. Eines der derzeit interessantesten Projekte ist das experimentelle Forschungsprogramm „Spirituelle Praxis, Erfahrung, Transformation im Forschungs- und Beratungsprozess: integraler Standpunkt“ (2023-2024), das gemeinsam vom Institut der Integralen Ausbildung und der Riga Stradins University verantwortet wird (die RSU ist eine der besten Universitäten in Lettland). Dieses Programm wird von RSU-Professorin Kristīne Mārtinsone und Juris Rubenis geleitet. Im Programm studieren zertifizierte Psycholog*innen, Psychotherapeut*innen, Psychotherapiespezialist*innen, zertifizierte Kontemplationslehrer*innen, klinische Sozialarbeiter*innen, Supervisor*innen und Berufsberater*innen. 

In den letzten Jahren hat sich eine schöne Zusammenarbeit mit Jürgen Lembke entwickelt. Wir freuen uns immer, ihn in der Stacija begrüssen zu dürfen, wo er mehrere Veranstaltungen geleitet hat. Er besuchte uns zum ersten Mal im Oktober 2021, als wir 16 Teilnehmer*innen des vierjährigen Kontemplationslehrer-Lehrgangs ernennen konnten. Danach besuchte er uns noch dreimal, leitete jeweils zwei Zen-Sesshins in den Jahren 2022 und 2023 und nahm einmal am dritten Lehrgangseminar der LKS teil, wo er Vorträge über Buddhismus hielt. Wir freuen uns über unseren gemeinsamen schönen Weg und die Freundschaft, die uns verbindet! 

*Das Elias Haus war Initiator vieler weiterer guter Projekte und Initiativen. Ohne Elias Haus wären die lettische Zweigstelle der LKS via integralis, das Institut der Integrale Ausbildung und das Stacija-Zentrum für spirituelle Praktiken nicht gegründet worden. Außerdem gäbe es ohne Elias Haus nicht mehrere andere hervorragende Projekte, die von via integralis-Kontemplationslehrern erstellt und verwaltet werden: Contemplatio.lv, Schule der Stille, Raum der Stille in der Lettischen Nationalbibliothek und Zentrum für menschliches Wachstum Torņakalns. 

*Die meisten der heute in Lettland tätigen Achtsamkeitsmeditationslehrer*innen, integralen Coaches und Eneagramm-Lehrer*innen haben im Elias Haus wesentliche Kenntnisse und transformative Erfahrungen gesammelt. Es ist unglaublich, dass so bedeutende Impulse von einem so kleinen Ort ausgehen! Dies ist natürlich ein Zeugnis für die wahre Quelle der Veränderung – die spirituelle Praxis. 

*Im Jahr 2014 startete in Lettland unter der Leitung von Juris der erste via integralis Ausbildungs-Lehrgang. Die Ausbildung dauerte 4 Jahre, und 16 Personen schlossen ab. Im Rahmen unseres Lehrgangs hielten wir ein Seminar im Haus Fernblick in der Schweiz ab, das von Hildegard Schmittfull, Bernhard Stappel und Regula Tanner geleitet wurde. Im Jahr 2017 kamen Hildegard und Bernhard nach Lettland, um sich an der Ernennung von Absolvent*innen zu Kontemplationslehrer*innen zu beteiligen. 2021 haben 16 Lehrer*innen den 2. Lehrgang abgeschlossen und Gäste dieser Ernennung waren Hildegard und Jürgen, nun läuft der 3. Lehrgang mit 19 Teilnehmer*innen. 

*Im Jahr 2019 kamen Hildegard und Bernhard nach Lettland, um Juris als Lehrer für die 3. Stufe sowie Andra Muižniece und mich als Kontemplationslehrerinnen für die 2. Stufe zu ernennen. Unter der Anleitung von Hildegard vertiefe ich den Weg der Schlüsselwörter weiter, der mir eine neue Sicht auf mich selbst, auf die Spiritualität eröffnet hat – die Breite und Tiefe, die jeder von uns in sich trägt. Mit Freude und Dankbarkeit kann ich sagen, dass Hildegard immer noch meine spirituelle Begleiterin ist. 
Juris hat den Weg des Shikantaza gewählt.

Am 8. Februar 2020 nahmen Juris und ich an der Versammlung der via integralis-Lehrenden in Wislikofen teil, wo er erneut als Lehrer der 3. Stufe bestätigt wurde. 

*Seit seiner Eröffnung bis 2020 hat das Elias Haus 269 Retreats von drei, fünf oder sieben Tagen veranstaltet, einige davon auf Englisch, Deutsch und Russisch, mit Teilnehmenden aus 20 Ländern. 

*Seit 2020 wurden im Zentrum für spirituelle Praktiken «Stacija» 132 Seminare und Retreats abgehalten. 

Inga Rubene, Kontemplationslehrerin der 2. Stufe LKS

Laisser un commentaire